Ausstellung: „Der Wilde schlägt zurück – Kolonialzeitliche Europäerdarstellungen der Sammlung Lips“

Rautenstrauch-Joest-Museum, Köln

16. März – 03. Juni 2018

„Der unbekannte Künstler sollte nun schließlich das Wort haben (…). Ich begann, eine Sammlung von Bildern zusammenzustellen, die für den unbekannten Künstler sprächen, da er meist keine andere Form des Schreibens hat. (…) Der Wilde schlägt zurück. (…) Die Idee der geplanten Arbeit widersprach den Rassetheorien des Führers (…). So kam es, dass der Titel dieses Buches mein Lebensmotto wurde. (…) Durch mein Beharren wurde ich selbst ein ‚Wilder‘.“

Julius Lips: The Savage Hits Back, London 1937, Vorwort

06_IMG_7750_b1_wwwIm Vorwort seines 1937 im amerikanischen Exil veröffentlichten Buches mit dem Titel "The Savage Hits Back or The White Man through Native Eyes" beschreibt der Ethnologe Julius Lips die eigene Motivation für seine Forschungen über die Darstellungen von Europäern aus der Perspektive außereuropäischer Kulturen. Er sammelte tausende Abbildungen, Fotografien, Zeichnungen und Objekte, die eine Umkehrung des Blicks ermöglichen, indem nunmehr nicht die "Naturvölker" und ihre Objekte, sondern die seltsamen Europäer und ihre exotischen Sitten präsentiert werden. Den "Weißen im Spiegel der Farbigen" zu zeigen, war ein vor dem Hintergund des aufkeimenden Nationalsozialismus provokanter wie aus heutiger Sicht innovativer Ansatz des ehemaligen Direktors des Rautenstrauch-Joest-Museums.

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Die Publikation als Gestaltungselement

Das Ausstellungskonzept basiert auf dieser antifaschistischen und kolonialkritischen Publikation. Das Schriftstück wird zum "Gerüst": die Themenbereiche der Ausstellung stimmen überein mit den Kapiteln im Buch. Die Wahl der Typografie verdeutlicht den Unterschied zwischen der originalen Überschrift eines Kapitels und der neuen. Im Entwurf unterstützt ein Leitsystem mit den Kapitelnamen den Besucher beim Rundgang. Innerhalb eines "Kapitels" werden Zitate zusammen mit Ausstellungstexten verbunden, die die Thesen Lips in Bezug zu den neueren Forschungen setzen. Satzzeichen wie Anführungszeichen, Schrägstrich und Klammer werden in ihrer sinngebenden Funktion zu Gestaltungselementen und verweisen ebenfalls auf das Buch von Lips als Rahmen und Titelgeber der Ausstellung.

Keine Schwarzweiß-Malerei: Ein Farbkonzept in Graustufen als Ausdruck von Lips Interesse am "Dazwischen"

Das Farbkonzept spiegelt Lips Fähigkeit wider, die "Graustufen" in seinem Forschungsthema zu erkennen, indem er weder Schwarz noch Weiß sieht, sondern gerade das "Dazwischen" interessant für ihn ist.

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In Andeutung an Lips Sammelleidenschaft ergießt sich um eine Projektionswand und über einen Büchertisch eine Flut von Fotos von einigen der gesammelten Abbildungen Lips, die bisher im Depot des Museums schlummerten. Weiterhin im Bild des Sammelns und Archivierens bleibend, werden dem Besucher inhaltliche Vertiefungsebenen zu einzelnen Objekten in Karteikästen angeboten.

PROJECT INFO

Client: Rautenstrauch-Joest-Museum, Köln

Category: exhibition design .graphic design .